23. November 2020

Berufshaftpflicht-Versicherer belegt: Keine Gefahr durch Heilpraktiker

Die Presse berichtet immer wieder über dieselben sehr seltenen Einzelfälle, bei denen Patienten durch das Fehlverhalten einzelner Heilpraktiker zu Schaden gekommen sind oder sein sollen. Damit wird der Eindruck erweckt, ein ganzer Berufsstand wäre inkompetent oder gefährlich. Doch was ist an diesen Vorwürfen überhaupt dran? Lassen sich Verallgemeinerungen wie „Heilpraktiker verursachen viele Schäden“ überhaupt belegen? Ein Berufshaftpflicht-Versicherer zeigt nun mithilfe von konkreten Zahlen, dass an solchen Verallgemeinerungen nichts dran ist.

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Robert Zellerer ist Landesdirektor „Die Continentale“ und seit 35 Jahren Berufshaftpflicht-Versicherer zahlreicher Heilpraktiker(innen) und ein profunder Kenner der Versicherungslandschaft. Von den insgesamt rund 47.000 bundesweit tätigen Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern haben derzeit rund 24.000 bei „Die Continentale“ eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Davon entfallen ca. 12.000 auf die von Zellerer verantwortete Landesdirektion: Die Zellerer GmbH, die ihren Sitz in München und somit in dem Bundesland hat, in dem von allen 47.000 bundesweit tätigen Heilpraktiker(inne)n nahezu die Hälfte praktiziert.

In einem Interview mit Johannes W. Steinbach vom Pressebüro JWS war seine Antwort auf die Frage, wie er die Gefahrenlage in den Heilpraktikerpraxen einschätzt, eindeutig: „Die Gefahrenlage ist definitiv sehr gering!“. Die Anzahl der Schadensfälle sei so minimal, dass „Die Continentale“ nicht einmal einen eigenen Punkt in der Schadenstatistik für Heilpraktiker-Risiken vorsähe. Bei anderen Versicherern sähe es ähnlich aus. Weder bei manuellen Therapieverfahren wie Chiropraktik oder Osteopathie, noch bei invasiven wie Akupunktur oder Neuraltherapie gäbe es nennenswerte Schäden.

War das schon immer so?

Zellerer ist bereits seit mehr als 35 Jahren in dieser Branche aktiv. Er erklärt, dass sich in dieser Zeit der jährliche Beitrag für Berufshaftpflicht-Versicherungen von Heilpraktiker*innen bei „Die Continentale“ nahezu halbiert hat: von 300,00 DM netto (1985) auf 90,00 Euro netto (2020). Dagegen habe sich der Versicherungswert, also die Versicherungssumme für Personen- und Sachschäden, nahezu versechsfacht: von einer Millionen DM auf drei Millionen Euro.
Zellerer stellt klar, dass eine Versicherung den Beitrag nicht senkt oder die Versicherungssumme erhöht, wenn tatsächlich viele Schadensfälle vorliegen. Im Gegenteil: Wären Heilpraktiker *innen wirklich so schadensträchtig wie oft behauptet, müssten die Versicherer die Beiträge entsprechend nach oben anpassen. Zellerer kommt daher zu dem Schluss: „Aussagen wie: ‚Heilpraktiker richten viele und hohe Schäden an‘ verunsichern nur und sind einfach nicht haltbar.“

Wie sieht die Berufshaftpflicht bei den Ärzten aus?

Die vergleichbaren Beiträge zur Berufshaftpflicht-Versicherung für Ärzte liegen oft bei einem nahezu zehnfach höheren Beitrag. So kostet die Berufshaftpflicht-Versicherung eines Heilpraktikers bei „Die Continentale“ derzeit 90,00Euro jährlich netto bei einer Versicherungssumme von 3 Millionen Euro für Personen- und Sachschäden. Ein Allgemeinarzt zahlt dagegen 866,00 Euro netto bei der gleichen Versicherungssumme.

Warum sind Beiträge für Heilpraktiker und damit Risiken gesunken?

Zellerer hat über die Jahre beobachtet, dass sich das Angebot der Heilpraktikerschulen in diesem Zeitraum qualitativ und quantitativ stark verbessert hat. Damit habe auch die Qualifikation der Heilpraktiker noch zugenommen.

Darüber hinaus besteht seit vielen Jahren das Fortbildungszertifikat für Heilpraktiker des Bund Deutscher Heilpraktiker (BDH), das angelehnt an das CME-System der Ärzte zertifizierte Fortbildungen dokumentiert, wie Ulrich Sümper, Präsident des BDH, ergänzt. Inzwischen nehmen mehr als 30.000 Heilpraktiker*innen an dem Zertifikat teil.

Zellerer begrüßt in diesem Kontext auch weitere Initiativen, die zusätzliche Standards einführen wollen, wie die „Initiative für Qualitätssicherung im Heilpraktikerberuf“ (IQHP).

BDH-Präsident Ulrich Sümper ergänzt auf Anfrage: Auch andere Berufs-und Fachgesellschaften haben Qualitätsstandards für die Aus- und Fortbildung von Heilpraktikern implementiert. Er betont auch, dass die Gesamtkonferenz Deutscher Heilpraktikerverbände und Fachgesellschaften derzeit intensiv gemeinsame verbandsübergreifende Standards für den Berufsstand diskutiert und entwickelt. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, um für noch mehr Patientensicherheit zu sorgen, so Sümper.

Abschaffung des Heilpraktikerberufs hat nachteilige finanzielle Auswirkungen

Unabhängig vom vorliegenden Zahlenwerk möchten offensichtlich Teile der Politik sowie einige Lobbyisten den Beruf des Heilpraktikers am liebsten abschaffen. Davon hält Zellerer gar nichts! Er findet, der mündige Bürger kann selbst entscheiden, welche Behandlung bzw. welchen Behandler er wählt.

Abgesehen vom wertvollen Beitrag der Heilpraktiker zur Gesundheit der Bevölkerung gäbe es auch finanzielle Vorteile, ist Zellerer überzeugt: „Das Jahresabrechnungsvolumen aller rund 47.000 hierzulande tätigen Heilpraktiker beträgt rund 1 Milliarde Euro, wovon zirka 530 Millionen Euro auf Selbstzahler und 470 Millionen auf Versicherte privater Krankenkassen-Versicherungen (PKV) entfallen.“ (Quelle: https://www.bdh-online.de/repraesentative-umfrage-jeden-tag-gehen-in-deutschland-128-000-patienten-zum-heilpraktiker/)

Bei einer angenommenen Durchschnittshöhe einer Heilpraktiker-Rechnung von 150 Euro ergibt dies ein Stückzahlvolumen von etwas über drei Millionen Rechnungen pro Jahr. Geht man nun davon aus, dass der PKV-Versicherte nach Abschaffung des Heilpraktikerberufs zu einem Privatarzt geht, wird die Rechnungshöhe wohl eher 500 bis 1000 Euro betragen“, erläutert Zellerer. Bei den GKV-Versicherten würden die Kosten durch den Wechsel vom Heilpraktiker zum Arzt auf Grund der gesetzlichen Vorgaben zwar nicht ganz so explodieren. Dennoch würden auch im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung die Kosten steigen, weil ja dann der Kassenpatient, der den Heilpraktiker bisher selbst bezahlt hat, wieder zum Kassenarzt geht, was letztendlich alle gesetzlich Versicherten mitfinanzieren müssten.

Der Text basiert auf einem Interview, dass der Journalist Johannes W. Steinbach vom Pressebüro JWS mit Robert Zellerer führte.

Quelle: https://www.portalderwirtschaft.de/pressemitteilung/336764/keine-gefahr-durch-heilpraktiker.html

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