9. Februar 2024

Markt für Phytopharmaka hat sich in Deutschland wieder erholt

Das Marktsegment für nicht verschreibungspflichtige pflanzliche Arzneimittel hat sich seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wieder erholt. Der Absatz stieg im Jahr 2022 um insgesamt 23 Prozent an. Das zeigen die Marktdaten des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI).

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Die Sonderpublikation des BPI beleuchtet die bedeutende Rolle pflanzlicher Arzneimittel im Selbstmedikationsmarkt. Mit 99 Millionen verkauften Packungen wurde 2022 laut BPI-Auswertung in den Apotheken fast wieder das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht. Im Versandhandel lag der Absatz im Vergleich zu 2019 sogar geringfügig höher.

Bei pflanzlichen Arzneimitteln (Phytopharmaka) handelt es sich um Arzneimittel, die als wirksame Bestandteile ausschließlich Zubereitungen aus Pflanzen oder Pflanzenteilen enthalten (z. B. Extrakte, Presssäfte oder Destillate). Sie werden in Form von Arzneitees, Kapseln, Tabletten, Tropfen, Salben oder Presssäften genutzt. In Deutschland sind laut BfArM-Statistik mehr als 900 pflanzliche Arzneimittel zugelassen. Ein deutlich geringerer Anteil in Höhe von ca. 280 Präparaten wurde als „traditionelle pflanzliche Arzneimittel“ (THMP, traditional herbal medicinal products) registriert. Das sind Arzneimittel, die einem vereinfachten Registrierungsverfahren unterliegen.

Bis Ende 2003 wurden nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel, darunter auch Phytopharmaka, durch die gesetzlichen Krankenkassen erstattet, bis sie Anfang 2004 durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetzt aus der Erstattung durch die GKV ausgeschlossen wurden. Das führte zu Absatz und Umsatzrückgängen von Phytotherapeutika, von denen sich die Hersteller nur langsam erholten. Seit Januar 2012 können die gesetzlichen Krankenkassen jedoch nicht-verschreibungspflichtige und apothekenpflichtige Arzneimittel im Rahmen von Satzungsleistungen wieder erstatten.

Absatz- und Umsatzentwicklung

Nun stellte die Corona-Pandemie den Markt für Phytotherapeutika erneut vor große Herausforderungen. Bedingt durch auferlegte Lockdowns während der Pandemie kam es im Zeitraum 2019 bis 2021 zu deutlichen Rückgängen des Absatzes nicht verschreibungspflichtiger pflanzlicher Arzneimittel. Der Absatz reduzierte sich im Jahr 2020 insgesamt um 18 Millionen Packungen im Vergleich zum Vorjahr (-14 %), 2021 erneut um weitere sieben Millionen Packungen (-5 %). Die sinkende Abgabemenge war dabei ausschließlich in der Apotheke zu verzeichnen, vergleichsweise stabil blieben dagegen die Absatzzahlen im Versandhandel zu dieser Zeit. Erst 2022 erholte sich der Absatzmarkt in den Apotheken wieder und landete mit 99 Millionen Packungen fast auf dem Vor-Corona-Niveau.

Mit dem Ende der Pandemie erholten sich auch die Gesamtumsatzzahlen wieder. Nach anfänglichen Rückgängen lagen die Umsätze im Jahr 2022 sogar leicht über dem Vor-Corona-Niveau. Im Versandhandel verzeichnete man kontinuierliche Umsatzsteigerungen über den gesamten Betrachtungszeitraum.

  2019 2020 2021 2022
Absatz Apotheke 103 (84 %) 84 (80 %) 78 (80 %) 99 (82 %)
Absatz Versandhandel 19 (16 %) 20 (20 %) 19 (20 %) 22 (18 %)
Gesamt 122 104 97 121

Tabelle 1: Absatzentwicklung im Markt für Phytopharmaka in Apotheken und Versandhandel 2019–1022 (in Mio. Packungen). Auswertung des BPI basierend auf Insight HEALTH 2023 sowie DatamediQ 2023.

Quartalsweise Entwicklungen

Die OTC-Sonderpublikation betrachtet nicht nur Jahresdaten, sondern analysiert auch Entwicklungen auf Quartalsebene. Hier zeigen sich deutliche jahreszeitliche Schwankungen: Der Verkauf von pflanzlichen Arzneimitteln in Apotheken ging insbesondere aufgrund der zeitweisen auferlegten Lockdowns während der Pandemie zurück. Auch blieb der übliche Anstieg in den Wintermonaten aufgrund von Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen (Tragen von Schutzmasken, Verstärktes Nutzen von Desinfektionsmitteln etc.) aus. Hier profitierte der Versandhandel und konnte seinen Marktanteil in den letzten Jahren erhöhen.

Führende Präparategruppen

Die Bedeutung von Phytopharmaka für die Gesundheitsversorgung wird insbesondere bei einem Vergleich der führenden Präparategruppen in den Jahren 2021 und 2022 sichtbar. Husten- und Erkältungspräparate machten 2021 den größten Anteil mit 29 Prozent aus. Nach der Aufhebung von Lockdowns und Schutzmaßnahmen kam es zu einem immensen Anstieg von Infektionen. Der Anteil von Husten- und Erkältungspräparaten stieg daraufhin auf 49 Prozent in 2022 an. Phytopharmaka trugen somit zu einer niedrigschwelligen Versorgung von Patientinnen und Patienten bei. Gleichzeitig entlasteten sie das Gesundheitssystem, insbesondere den ambulanten Sektor.

Bedeutung für die Gesundheitsversorgung

Die Pandemie und die geopolitischen Konflikte der letzten Jahre zeigen, dass sich das Risiko unterbrochener Lieferketten erhöht und die Gefahr von Lieferengpässen größer wird. Als Beispiel kann das Fehlen von Kinder-Fiebersäften 2022/2023 dienen. Deshalb wird die Verfügbarkeit verschiedener Therapierichtungen, immer wichtiger. Die Verfügbarkeit von pflanzlichen Arzneimitteln war eine wichtige Therapiealternative u.a. bei der Behandlung von fiebrigen Erkältungskrankheiten. Pflanzliche Arzneimittel sind oftmals “Made in Germany“ und werden von überwiegend mittelständisch geprägten Unternehmen in Deutschland entwickelt, erprobt und produziert. Häufig bauen Unternehmen die benötigten Rohstoffe, wie Heilpflanzen, sogar selbst direkt vor Ort an. Das ist ein großer Vorteil auch mit Blick auf die Versorgungssicherheit.

Die OTC-Sonderpublikation „Markt für Phytopharmaka“ des BPI e.V. können Sie hier herunterladen.

Quelle: Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V

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