Allen komplementärmedizinischen Verfahren ist gemeinsam, dass sie nicht nur symptomatisch wirken. Darin unterscheiden sie sich von der Schulmedizin, die primär krankheitsorientiert ist und die versucht, Krankes zu beseitigen oder Fehlendes zu ersetzen. Das heißt aber nicht, dass sich Schulmedizin und Naturheilkunde nicht gut miteinander verbinden lassen.
In der Naturheilkunde geht es darum, mit Hilfe von Reizen, die Lebens- und Selbstheilungskräfte des Organismus wieder in Gang zu bringen. Der Körper soll auf den Reiz reagieren und so seine eigenen Fähigkeiten und Ressourcen aktivieren. Dabei können die Selbstheilungskräfte auf unterschiedlichen Wegen angeregt werden. So kann dies z. B. durch Schonung und Entlastung geschehen oder durch aktivierende Reize. Auch die Reizstärke muss jeweils individuell an die Konstitution des Patienten und seine Krankheitssituation angepasst werden. So verträgt z. B. ein kräftiger und gut durchbluteter Patient stärkere Kaltreize (z. B. Wassergüsse) als ein untergewichtiger und eher schwächlicher Patient. Dieser Aspekt muss auch bei der Dosierung von komplementärmedizinisch eingesetzten Arzneien z. B. in der Homöopathie oder Phytotherapie oder bei der Nadelung in der Akupunktur berücksichtigt werden.
Die Naturheilkunde betrachtet den Menschen in seiner Gesamtheit von Körper, Seele und Geist. Sie prüft die Beziehungen zwischen den einzelnen Organen, aber eben auch zwischen der körperlichen Ebene und der psychischen Verfassung des Patienten.
Die naturheilkundliche Diagnostik versucht daher im Rahmen der Anamnese, die Ursachen der Erkrankung anhand der individuellen Biografie, Symptomatik und auch der Konstitution des Patienten einzugrenzen. Es gilt insbesondere bei chronischen Erkrankungen den „Roten Faden“ der verschiedenen Symptome zu erkennen und darauf die Behandlung zu gründen.
Dies versucht der behandelnde Therapeut über Gespräche sowie beispielsweise über die Deutung von körperlichen Zeichen sowie die Untersuchung von Körperflüssigkeiten und -ausscheidungen. Darin unterscheidet er sich theoretisch nicht von einem Schulmediziner. Allerdings setzt er dabei auch Diagnoseverfahren ein, die in der konventionellen Medizin nicht verwendet werden. Vor allen Dingen hat der Heilpraktiker oftmals mehr Zeit für seine Patienten und erfährt im Gespräch so einige Informationen, die einem Arzt eventuell nicht zur Verfügung stehen, da er sich im Praxisalltag weniger seinen Patienten widmen kann.