Die Naturheilkunde hat eine lange Geschichte, die über die Antike weit zurück in die Frühgeschichte der Menschheit führt. Auch die Historie des Heilpraktikerberufs ist traditionsreich und wechselvoll.
Die historischen Wurzeln für den Berufsstand des Heilpraktikers gehen weit zurück. Sie basieren unter anderem auf der Säftelehre des griechischen Altertums (Hippokrates), die sich im Wesentlichen über das Mittelalter bis in die Humoralpathologie der Neuzeit erhalten hat. Gemäß dieser Säftelehre ist eine Krankheit eine gestörte Harmonie der Körpersäfte, die es wieder auszugleichen gilt. Der Berliner Arzt Christoph Wilhelm Hufeland entwickelte diese Theorie später weiter zur Lebenskraft-Theorie, ein vitalistisches Gesundheits- und Krankheitskonzept.
Auch die geistig-philosophischen Bewegungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts durch Rousseau, Fichte, Hegel u. a. hinterließen ihre Spuren. Einen weiteren Grundstein bildet die volksmedizinische Bewegung am Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Medizin wurde zunehmend verwissenschaftlicht, da sie immer mehr von Erkenntnissen aus der Chemie, Physik und Biologie beeinflusst wurde, die messbare Untersuchungsmethoden entwickelten. Es bildeten sich aber auch Gegenströmungen wie die Homöopathie und die Hydrotherapie. Führende Naturheiler wie Vinzenz Prießnitz, Sebastian Kneipp und Johann Schroth trugen dazu bei, dass die Naturheilkunde und ihre verschiedenen Ansätze bei einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurden.
Bereits im antiken Griechenland gab es in Athen einen „Amtsarzt“: den Archiatros. Er hatte unter anderem die Aufgabe, die „freien“ Heilkundigen, also die Laienheiler, zu beaufsichtigen. Spätestens seit dieser Zeit wird also zwischen dem zugelassenen Arzt und dem heilkundigen Nichtarzt unterschieden. Im Jahr 1140 n. Chr. wurde in Sizilien eine Medizinalordnung erlassen, in der es heißt: „Wer von nun an die Heilkunde ausüben will, soll sich unseren Beamten und Richtern vorstellen und ihrem Urteil unterwerfen“.
Im 12. Jahrhundert entstanden in ganz Europa Universitäten, an denen Ärzte ausgebildet wurden. Damit war die „scholastische Medizin“, die Schulmedizin, geboren. Ärzte und Heilbehandler aus dem Volk gingen einige Zeit von gemeinsamen Grundvorstellungen in der Heilkunde aus. Erst mit der Anerkennung der Zellularpathologie durch die universitäre Medizin im vorvorigen Jahrhundert trennten sich die Wege der akademisch-ärztlichen Medizin und der Naturheilkundler durch ihre abweichenden Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit. Die wissenschaftlich ausgebildeten Ärzte bekamen immer mehr Privilegien – und die nicht approbierten Heilkundigen immer mehr Schwierigkeiten bei der Ausübung ihrer Tätigkeit. So sprachen immer mehr Länder in Europa Verbote der Ausübung der Heilkunde für nicht-ärztliche Heilbehandler aus. Auch in Deutschland erfolgten die ersten Verbote für nicht-ärztliche Heilkundler im 14. Jahrhundert. 1851 wurde in Preußen das Kurierverbot ausgesprochen, wonach nur Approbierte die Heilkunde ausüben durften.
Im Jahr 1869 wurde in Deutschland die Kurierfreiheit wieder eingeführt, die zur Folge hatte, dass Heilkundige aus verschiedenen Bereichen (Homöopathen, Magnetopathen, Kräuterheilkundige u. a.) wieder praktizieren konnten. Sie schlossen sich zu einem gemeinsamen Berufsstand zusammen. Aus diesem heraus entstanden Berufsverbände, Ausbildungsstätten, Fachfortbildungen und weitere gemeinsame Aktivitäten. Darunter fällt der erste Berufsverband moderner Prägung, dem „Verein Deutscher Magnetopathen“, der 1888 gegründet wurde. Die Gründung zahlreicher Laienverbände, wie den heute noch existierenden „Biochemischen Bund“ oder den Kneippverein, war ebenfalls eine Folge dieser Entwicklung.
Um massive Angriffe auf die Kurierfreiheit abzuwehren, etablierte sich 1903 in Berlin der „Schutzbund der Heilkundigen“. Die Gründung weiterer Vereine folgte, die sich zum Teil mit Laienvereinen zur „Vereinigung zur Erhaltung der Kurierfreiheit“ zusammenschlossen.
In der Weimarer Republik konnte man eine Zersplitterung in der Verbandslandschaft der Heilpraktiker beobachten. So gab es 1931 bereits 22 Heilpraktikerverbände. Die folgenden Jahre sind durch die Versuche und den Fehlschlag gekennzeichnet, eine gesetzliche Ordnung des Heilpraktikerstandes zu erarbeiten.
Die Hitler-Diktatur verfügte die Auflösung aller Heilpraktikerverbände sowie die Gründung des „Heilpraktikerbund Deutschland“. 1936 wurde der Heilpraktikerberuf als freier Beruf anerkannt. 1939 wurde der Verband umbenannt in „Deutsche Heilpraktikerschaft e. V.“ mit Sitz in Berlin. Die Zwangsmitgliedschaft wurde eingeführt und die Aus- und Fortbildung wurde vollständig reglementiert.
Im Februar 1939 trat das Heilpraktikergesetz (Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung) mit seiner 1. Durchführungsverordnung in Kraft. Mit diesem Gesetz wurde die Kurierfreiheit auf den Berufsstand der Heilpraktiker beschränkt, allerdings mit dem Ziel, mittelfristig den Heilpraktikerberuf aussterben zu lassen. So lautete der § 2 der damals gültigen Version des Heilpraktikergesetzes: „Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, bisher berufsmäßig nicht ausgeübt hat, kann eine Erlaubnis nach § 1 in Zukunft nur in besonders begründeten Ausnahmefällen erhalten.“ Über diese Ausnahmefälle entschied die Standesorganisation der Nationalsozialisten. Mit dem Gesetz und seiner 2. Durchführungsverordnung wurde auch verboten: „Ausbildungsstätten für Personen, die sich der Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes widmen wollen, einzurichten oder sie zu unterhalten.“ Die eigentlichen Absichten hinter dem Gesetz hießen also:
Nachwuchssperre und Aussterben lassen. Als Ergebnis schlossen die Heilpraktikerschulen. 1943 erfolgte dann das Verbot aller Fachfortbildungen für Heilpraktiker.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden 1952 in der Bundesrepublik Deutschland die Einschränkungen gegenüber der früher geltenden Kurierfreiheit und das Ausbildungsverbot als mit dem Grundrecht auf freie Berufsausübung nicht vereinbar aufgehoben.
Die Passagen, die nationalsozialistisches Gedankengut enthielten bzw. grundgesetzwidrig waren, wurden gestrichen. Zudem erkannte das Bundesverwaltungsgericht per Richterspruch am 24. Januar 1957 die Tätigkeit des Heilpraktikers als Beruf an.
In der DDR durfte allerdings nur noch als Heilpraktiker arbeiten, wer vor dem 9. Mai 1945 die entsprechende Erlaubnis hatte. Damit war das Ende des Heilpraktikerberufes in der DDR vorprogrammiert. Zum Zeitpunkt der deutschen Wiedervereinigung praktizierten nur noch 11 Heilpraktiker in der DDR.
In der Bundesrepublik Deutschland etablierten sich hingegen schnell weitere Heilpraktiker-Berufs- und Fachverbände, und der Beruf konnte sich im deutschen Gesundheitssystem fest verankern. Derzeit arbeiten rund 47.000 Heilpraktiker in Deutschland.